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raus mit der Sprache

Jeder Mensch kann sich selbst schützen

  1. Fakten:

»Die meisten Menschen, die an COVID-19 erkranken, haben leichte bis mittelschwere Symptome und werden wieder gesund, ohne dass sie eine besondere ärztliche Behandlung benötigen.« COVID-19 Data Repository by the Center for Systems Science and Engineering (CSSE) at Johns Hopkins University.

»Es liegt auf der Hand, dass ein schwerer Verlauf bei moribunden, multimorbiden oder einfach nur hochbetagten Patienten ein größeres Sterberisiko birgt.«  Deutsches Ärzteblatt.

»134 Millionen Corona Fälle weltweit, 76 Millionen genesen« (= 58 Millionen ohne Beschwerden),» 2,9, Millionen Tote. In Deutschland ca. 3 Millionen Infizierte, 78 000 Tote, davon ca. 50% über 80 Jahre, ca. 90% über 70 Jahren.«: Webseite der Bundesregierung Deutschlands.

»In wie vielen Fällen die Infektion ursächlich für den Tod war, lässt sich daraus aber nicht ablesen.«  DER SPIEGEL

  1. Vergleiche mit anderen vermeidbaren Krankheiten weltweit pro Jahr:

− 7,1 Millionen Tote weltweit wegen Rauchens (120 000 Tote in Deutschland = pro Tag 300)

− 3 Millionen Alkoholtote

− 2,9, Millionen Tote im Zusammenhang mit oder an Covid; keine Angaben über ausschliesslich an Covid Gestorbene, nirgends.

− 1,9 Millionen Tote wegen Diarrhöe, 500.000 Kinder

− 1,5 Millionen Tote wegen TBC

− 1,323 Millionen Tote im Autoverkehr

− 409.000 Tote wegen Malaria

− 200 000 Kinder sterben weltweit an Tetanus

− 140.000 Tote wegen Typhus, vor allem Kinder. (alle Angaben laut WHO)

  1. Schlussfolgerung:

− dass an mit Covid begründeten Restriktionen weltweit ein Vielfaches an Menschen als an der Krankheit selbst gestorben sind, sterben und sterben werden, Millionen Menschen in Arbeitslosigkeit, Armut, Depressionen und Apathie verfallen, Minister für Entwicklungszusammenarbeit, Gerd Müller;

− dass die mit den Restriktionen geschützt werden sollenden Alten und Schwachen in Wahrheit die Hauptopfer der Restriktionen sind,

− dass dieses in den Meinungs-bildenden, unisono die herrschende Politik vertretenden, keine Widerrede duldenden − also einseitigen − Medien nicht nur nicht erwähnt wird, sondern jeder Widerspruch als einseitig abgewiesen wird,

− dass die Gefahr einer nicht in (Todes-)Zahlen genannten temporären Intensivstations-Überlastung, wie sie in Italien und New York auftrat − was in 70% der Länder dieser Erde Alltag ist, an dem unzählige Menschen sterben, deren Tod in keiner Statistik festgehalten wird −, als Rechtfertigung für die Ausser-Kraft-Setzung verfassungsmässiger Grundrechte dient, während gleichzeitig in Deutschland 2020 ein Viertel aller Intensivstationen geschlossen wurde, in Österreich ein Drittel, und die Überlastung nie stattfand, obwohl sie durch Schliessung von 20 Kliniken zusätzlich provoziert wurde;

− und dass, weil »die meisten Menschen« (WHO) ein zur Corona Abwehr ausreichendes Immunsystem haben − in Wirklichkeit also von 1%, ca. 29 000  ausschliesslich an Covid gestorbenen Menschen auszugehen ist −, bei den Covid Zahlen Palliativpatienten, Unfalltote, Krebs-, Diabetes- und Herzkranke sowie moribunde, multimorbide Hochbetagte miteinberechnet werden, wodurch 2,9 Millionen erreicht werden −

das alles offenbart das Legitimationsdefizit dieser historisch einmaligen, weltweit grössten gesellschaftlichen Restriktionen.

− Dass im Weiteren die herrschenden Macht-Inhaber unter dem Vorwand der genannten falschen Tatsachen aus niedrigen Beweggründen (ausserdemokratischer Machtzuwachs, Billiardengewinne focus money) weltweit Tote in der Dimension eines Völkermordes in Kauf nehmen,

− dass eine ganze Generation von Kindern traumatisiert wird (ein Drittel aller Kinder in Bayern hat psychosoziale Störungen, 10 000 Kinder riefen bei Notrufadressen wegen Suicidgedanken an Kulturausschuss des bayrischen Landtages),

− dass nach dem römischen Prinzip des » divide et impera« (»teile und herrsche«) Menschen voneinander isoliert werden, Arbeit, Kultur und Religion nicht mehr gemeinschaftlich ausgeübt werden dürfen, der Menschheit ihr Gesicht genommen wird, nonverbale Kommunikation über Mimik ausgeschlossen wird, körperlicher Energieausstausch verboten wird und bereits jetzt insistiert wird, so viel wie möglich davon unter Nicht-Pandemie Zuständen beizubehalten,

kann nur als Angriff auf überlebensnotwendige Bestandteile menschlichen Zusammenlebens verstanden werden.

Dass Linke und Rechte mehrheitlich dasselbe menschenverachtende Weltbild haben, in dem die Bevölkerung eine Masse unmündiger, von ihnen zu führender Befehlsempfänger darstellt, ist seit dem Hitler-Stalin-Pakt bekannt; insofern ist die Liaison zwischen »Antifa« und Bundeskanzleramt eine klassische Wiederholung als Farce, die sich in den Protesten dagegen trefflich spiegelt.

Dass Angst, gar Panik, schlechte Ratgeber sind, ist hinlänglich bekannt, und wenn mit Gehirnwäscheartiger Penetranz in allen Medien, an allen öffentlichen Plätzen und in allen staatlichen Institutionen bis hin zu Schulen und Kindergärten Angst erzeugt wird, erfüllt dies Wörterbuch-genau die Definition von Terrorismus: »Erzeugung von Angst und Schrecken«.

Dass gegen alle anderen vermeidbaren Krankheiten nicht mit derselben Entschiedenheit vorgegangen wird – eine weltweite Trinkwasserversorgung wäre weniger aufwendig und könnte Typhus und Diarrhöe besiegen −, zeigt, dass es bei den mit Corona begründeten Restriktionen nicht um Schutz angeblich unmündiger Menschen, sondern um Profit an Macht und Geld geht, die weltweite Errichtung der Diktatur des Profits.

Dass die überwältigende Mehrheit intelligenter bewusster Menschen dies widerspruchslos hinnimmt und mitträgt, zeigt, dass sich in Deutschland seit Heinrich Manns Roman »der Untertan« nichts geändert hat.

 Christof Wackernagel, April 2021

Geld stinkt nicht

Geld stinkt nicht

Der Tatort:

ACI 2000, die Reichen-Meile Bamakos, in der ein Palast sich an den anderen reiht, einer schöner und in phantasievollerer Architektur gebaut als der andere, wo internationale Hotels stehen, Mercedes eine seiner verglasten Stahlbetonvertretungen hat wie auch Peugeot oder Air France, und wo alle Strassen asphaltiert sind und nachts beleuchtet (beides ansonsten in Bamako eher die Ausnahme). Der »espace cuturel« Bouna, ein Restaurant mit Bar und Podium für Musik- und Theaterveranstaltungen, geschmackvoll eingerichtet, natürlich mit lokalen Naturbausteinen. Zelte sind in U-Form gegen die Sonne aufgebaut, bequeme Bestuhlung und moderne Verstärkeranlagen mit Funkmikrophonen am Rednerpult und einem Tisch für eine Podiumsdiskussion.

Der Tatvorgang:

An einem Tisch unter einem Bastdach auf dem Terrain des »espace culturel« steht eine kleine, schwarzhaarige Frau, ihre Handtasche fest umklammernd, und erwehrt sich des Andrangs eines Menschenpulks, der sie bestürmt.

Es handelt sich hauptsächlich um Frauen, elegant gekleidet, mit wertvollen Colliers und Seidenschals geschmückt, aber auch um einige Männer, nicht weniger geschmackvoll und edel gekleidet. Die Menschen tragen ihren Namen und ihre Adresse in ein Formular ein, und erhalten daraufhin von der ziemlich gestresst wirkenden Frau einen grünen Geldschein, 5000 FCFA, etwa 8 Euro, was etwa zwei Drittel des Monatsgehalts einer normalen Hausangestellten entspricht. Das mehrheitlich noble Publikum, das sich um diese Geldscheine buchstäblich reisst, ist mit Mercedessen, anderen Luxuskarossen oder Taxen angereist. Es handelt sich um Mitglieder der privilegierten Oberklasse dieses angeblich ärmsten Landes der Welt, in dem es aber in Wirklichkeit unvorstellbaren Reichtum einer gar nicht mal so kleinen Ober- und Mittelschicht gibt und ebenso unvorstellbare Armut eines Grossteils der Bevölkerung, der von eben jener vermögenden Schicht gehegt und gepflegt wird, um sich an ihm weiter bereichern zu können.

Die Tat:

Die jährliche »Sensibilisierung« der lokalen Mitarbeiter der deutschen  Hilfsorganisationen in Mali – GTZ, DED, Kreditanstalt für Wiederaufbau, deutsche Botschaft – für »problematische Themen«, heute: »Mütter und Töchterbeziehungen«. Von einer bekannten – allerdings der Landessprache nicht mächtigen – Fernsehmoderatorin geleitet, diskutieren Expertinnen und Experten zu dem Thema und unterhält eine Theatergruppe mit erhobenem Zeigefinger das geneigte Publikum. Anschliessend gibt es eine Kleinigkeit zu essen und als Belohnung, sich sensibilisieren zu lassen, 5000 FCFA.

»Sonst würde ja keiner kommen« – so die Auskunft der verantwortlichen Organisatorin dieser Veranstaltung, die 2 Millionen FCFA, etwa 3000 Euro gekostet hat, 250 000, etwa 400 Euro, dafür, dass die Betroffenen überhaupt erscheinen.

Christof Wackernagel

Bamako, den 15-12-2010

Wenn Fakten sprechen

Wenn Fakten sprechen

Im Begleitbrief zum Mali-Rundbrief bemerkt Klaus Piehl, dass Fakten für sich sprächen. Das Faktum, dass APA die korrupte gesellschaftliche Struktur in Mali unterstützt, versuchte er von seinem Rechtsanwalt mit der Erwähnung des Faktums widerlegen zu lassen, dass APA Mali mit den malischen Gesundheitsbehörden und »der deutschen Entwicklungshilfe« zusammenarbeitet.

Dazu folgende Fakten.

Nach der Häufung von »Unregelmässigkeiten« wie dem »Verschwinden« von umgerechnet 300 000 Euro, dem Scheitern des jahrelang angelegten Impfprogramms der WHO, nachdem es in die Hände der malischen Gsundheitsbehörden kam oder dem »Verschwinden« des westafrikanischen Honorarfonds für Medizinprofessoren, der in allen anderen westafrikanischen Ländern ausser in Mali ausgezahlt wurde, um nur einige alltägliche Beispiele zu nennen,  musste der Gesundheitsminister nun zurücktreten. Ins Gefängnis wird er wohl nicht kommen. Von seinem mit unvorstellbarem Luxus ausgestatteten Palast – sicher nur vorübergehend – in eine Gefängniszelle umziehen muss womöglich der Leiter der staatlichen Gesundheitsbehörden, Souleyman Golo, ein freundlicher, zurückhaltender Mensch, der als »einfach« beschrieben wird, weil er vier Millionen Dollar – nicht etwas FCFA, nein: Dollar – in seine Tasche hatte wandern lassen. Das WHO Geld, bzw. die von der WHO gespendeten Medikamente waren für Aids- und Tuberkulosekranke bestimmt, teilweise explizit für Gefangene. Alles weg. Zum ersten mal in der Geschichte der Hilfsorganisationen hat die WHO nun eine kanadische Kontrollkommission beauftragt, Rechnung für Rechnung zu prüfen. Der Leiter dieser Kommission verzweifelte derart bei seiner Arbeit, dass ihm in einem Interview der Satz entwich: »Ganz Mali ist korrupt«, was natürlich einen Sturm der Entrüstung hervorrief, denn es gibt sehr wohl auch hier Organisationen und Einzelpersonen, die sich nicht an dieser mafiosen Struktur beteiligen, wie etwa die »medicins d’espoir« oder die engagierten jungen Ärzte der »action sante«. Aber wenn der Leiter der staatlichen Gesundheitsbehörde Gefangenen Aidsmedikamente stiehlt, wieso soll dann nicht ein Seydou Seguole den Menschen in Wuelenguena für sie bestimmte Medikamente stehlen, zumal er ja zwar die besten, aber nur einige aus dem für sie bestimmten Karton nimmt! Es machen doch fast alle so! Ist doch nur ein Klacks gegenüber zum Beispiel vier Millionen Dollar. Man kann diesen Leuten keinen persönlichen Vorwurf machen, denn es gehört schon ein besonders starker Charakter dazu, diesen gesellschaftlichen Strukturen nicht zu erliegen.

Ein Vorwurf ist nur deutschen Ärzten zu machen, die weiterhin diese Struktur unterstützen, anstatt mit Organisationen zusammen zu arbeiten, deren Integrität von internationalen Institutionen erwiesen ist.

Zum Thema »deutsche Entwicklunghilfe« anliegend eine Randbemerkung, die einmal mehr die deprimierende Begriffslosigkeit allein der Haltung dieser Menschen zeigt, die irgendwelche Buschwilden sensibilisieren wollen, anstatt vielleicht selbst einmal einen Funken Sensibilität für die hiesigen Verhältnisse zu entwickeln.

Christof Wackernagel  am 23-12-2010

PS – ich bitte Herrn Dr. Pille  und Herrn Dr. Quackbart einen Gruss von Christian Klarnagel auszurichten. Dass Klaus Piehl nicht einmal meinen Vornamen richtig zu schreiben weiss, ist Ausdruck genau des gnadenlosen Desinteresses an den Fakten, mit dem seine behauptete Hilfe für die Armen zu Hilfe für die Reichen wird. Er war es, der mich dazu verleitete, ihn bei seinem Ansinnen zu unterstützen, medizinisches Material nach Mali zu schicken, obwohl ich als Nicht-Mediziner von den medizinischen Verhältnissen hier keine Ahnung hatte, was dazu führte, dass es in die falschen Hände kommt. Nun weigert er sich, es in die richtigen Hände kommen zu lassen, nachdem ich mich kundig gemacht habe – und kennt mich nicht mehr.

Ebbys Fahrt in Madous Heimatdorf Welenguena

Ebbys Fahrt in Madous Heimatdorf Welenguena

Besuch im Heimatdorf von Madu im Gebiet von Welengena bei Koutiala

Bamako Mopti Welengena

Seid drei Tagen hängt der Saharastaub dicht über Bamako.

Es ist Winter und kalt für die hiesigen Verhältnisse. In Welengena wird es noch kälter sein als hier meint Madu.

Drei Tage ohne Sonne, heizt Madu momentan im Zimmer mit einem Charbonofen (Holzkohle Ofen). Bei dem Wetter wollen wir Morgen nach Welengena fahren. Bei dem dichten Dunst der über allem liegt, kann ich ja überhaupt nicht fotografieren. Unlust, alles absagen, kalt und windig, mit meinem bisschen Französisch alleine mit Madu und Sako ins tiefe Afrika. Aber absagen ist nicht mehr und Schiss haben gilt sowie so nicht. Also schauen was passiert. Um sieben Uhr aufgestanden, Foto, Telefon, Waschzeug etc. eingepackt, zwischen acht und neun Uhr soll Sako kommen.

Um acht ist er da. Er kommt oft früher als er soll, meist ist hier das Gegenteil der Fall. Sako ist ein zuverlässiges Schlitzohr und wenn man sich nicht von ihm übers Ohr hauen lässt, kommt man gut mit ihm aus. Er wohnt in Bamako, ist aber aus Segou, bekommt von mir 25000 FCFA, 40€, pro Tag für sich und das Auto, plus Diesel.

Eigentlich wäre ich ja gerne ohne Fahrer gefahren, aber hier verleiht keiner Autos ohne Fahrer, zu schnell sind sie hier über die Grenze verschwunden oder Schrotthaufen. Also fahre ich lieber mit Sako als mit einem fremden Fahrer. Sako fährt, nachdem er uns in Welengena abgesetzt hat, zurück nach Segou und ist dann übers Wochenende bei seinen

Verwandten, Sonntag Mittag holt er uns dann wieder ab.

Also los geht’s durchs vernebelte Bamako mit meiner, samt Bettzeug aufgerollten Matratze im Kofferraum.

Siedlungsprojekt des Präsidenten ATT

Bei 200 Metern Sicht circa, fahren wir durch die Landschaft, flach, landwirtschaftlich genutzt, mit einzelnen Bäumen auf den Feldern, unterbrochen von Gebüsch, kleinen Ortschaften und einzelnen Gehöften in der traditionellen Lehmbauweise, viereckige Wohnhäuser und die schönen runden mit Schilf oder Stroh gedeckten Vorratshütten.

Nach etwa hundert Kilometern, der Mitte zwischen Bamako und Segou, schiebt sich die Sonne durch den Dunst, und es wird deutlich wärmer. Sako und Madu unterhalten sich auf Bambara, ich genieße die Fahrt; auch nicht schlecht mal als Beifahrer.

Das Tor zum Bezirk Segou – und da recken sie ihre mächtigen Stämme durch den Nebel in den Himmel. Die ersten Baobabs in Natura.

Ohne Grün, es ist schließlich Winter, manchmal noch einige Früchte tragend, stehen sie auf den Feldern, einzeln oder mal zu zweit, verteilt.

Stämme mit mehreren Metern Durchmesser sind keine Seltenheit. Aber auch kleine, junge gibt es. Die meisten sind bewirtschaftet, das heißt sie werden, fast schon wie die Kopfweiden bei uns, beschnitten. An den Astenden hängen dann die Früchte. Jungen Bäumen werden bis in zirka zwei Metern Höhe die Rinde abgeschält, die für die traditionelle Medizin genutzt wird.

Segou.

Bei der Stadteinfahrt werden von der Polizei kritisch die Wagenpapiere von Sakos Taxi kontrolliert. Nach ein paar Erklärungen seitens Sako können wir in die Stadt hinein. Eine viertel Stunde halten wir bei Freunden von Sako, die an der Hauptstraße sitzen und Tee trinken, Brettspiele machen und sonst anscheinend nichts weiter zu tun haben. Erst auf der Rückfahrt wollen wir einen kleinen Rundgang durch Segou und an den Niger machen; jedoch Heute möglichst im Hellen noch in Welengena ankommen. Also weiter geht’s über die etwas schmale, anden Seitenrändern ausgefranste Straße. Kühe, Esel, Hunde, Eselkarren, Fußgänger, langsame Mopeds und Lkws muss man hier beachten, aber Sako fährt uns sicher durch die Landschaft. Es geht jetzt Richtung Kutiala, der größten Stadt bei Welengena. Dies ist eigentlich der Name für die Gegend hier, kein Ortsname. Welengena besteht aus mehreren Dörfern und vielen einzeln liegenden Höfen, Feldern, Mangobäumen, Baobabs, Buschland, umherziehenden Zeburinder Herden, Ziegen und Schafen. Sako hält mitten in der Landschaft am Straßenrand an, grummelt was vor sich hin, macht die Motorhaube auf

Warten auf Madu der im Dorf Wasser und Fahrradschlauch holt

um stirnrunzelnd den weißen Dampf zu betrachten, der vom Motor aufsteigt. Das fängt ja gut an denke ich mir und sehe wie das Kühlwasser aus einem völlig zerfressenen Schlauch spritzt. Schlauch mit Plastiktüte und Klebeband umwickelt, Wasser rein, zwei Kilometer gefahren, Motor kocht, im Dorf neues Wasser holen und Fahrradschlauch. Selbigen auch noch um den defekten Schlauch gewickelt, Wasser rein, entlüftet, drei Kilometer gefahren, Motor kocht. Kopfdichtung kaputt, bin ich mir mit Sako einig. Wieder Wasser rein,

entlüften, dann mit voll aufgedrehter Heizung und wenig Gas bei knapp hundert Grad die restlichen Kilometer nach Kutiala gerollt, bis auf den Hof eines Mechanikers. Sako verhandelt mit ihm, der gibt nach kurzer Überprüfung auch der Kopfdichtung die Schuld, dem Schlauch sowie so und macht sich mit seinen Helfern sofort dran den Schaden zu beheben. Uns hängt der Magen in den Knien und wir suchen ein winziges Restaurant an der belebten Straße auf. Sako bestellt Pommes mit Hühnchen, Madu Nudeln mit Huhn und ich Nudeln mit einer hellen scharfen Soße. Das vielleicht fünfzehn jährige Mädchen das uns bedient, schaut mich immer mit großen Augen an. Jeder bekommt noch einen großen Becher Wasser. Ich zahle für uns drei 1200 FCFA, 1,85 €, Wir beschließen für die noch fehlenden acht Kilometer nach Welengena das Angebot des Mechanikers anzunehmen mit seinem Auto weiter zu fahren, während das Taxi repariert wird. Also Gepäck umladen, für 3000 FCFA Essence getankt dann geht’s von der Hauptstraße rechts ab auf einer löchrigen, breiten Sandpiste Richtung Madu’s Heimatdorf. Die Sonne scheint bleich durch den Saharastaub; in anderthalb Stunden ist es dunkel. Die Spannung steigt; was mich wohl in Madus Dorf erwartet? Ich werde es in Kürze erfahren. Noch drei Kilometer Piste.

Hier war vor zwanzig Jahren noch dichter Wald erzählt Madu

Flache Lehmziegel Bauten tauchen aus dem Dunst auf. Eine kleine Moschee abseits. Rechts ein alter Baobab mit vielen großen Vogelnestern in der Krone. Gegenüber ein Boutiqui, Fahrradwerkstatt und Fleischgrill. Madu und Sako rufen Begrüßungsworte aus dem Fenster. So mogo bee dee – torosite. Wie geht’s? Alles gut! kommt als Antwort. Staubige, strahlende Kinder winken und auch die Alten. Wir halten am ersten Gehöft auf der rechten Seite, ein Rudel Kinder umschwärmt uns neugierig. Madu hat natürlich unser Kommen angekündigt und so wird die Schar der uns Begrüßenden immer größer, und ich blicke überhaupt nicht mehr durch wer wer ist, in dem Durcheinander. Nur Madu’s jüngerer Bruder, Darami heißt er, bleibt mir erstmal präsent. Er führt uns in seinen Hof, größere Kinder tragen unser Gepäck in das rechte der beiden Zimmer dieich hier ausmachen kann. Hier werde ich mit Madu schlafen, meine Matratze ausrollen. Madu auf der anderen, die mit einem Vorhang abgetrennt in der anderen Ecke liegt. Ein Wust von Kleidungsstücken hängt an einer Stange, darunter Töpfe und Schüsseln. Die Wände sind verputzt und Blau mit Mustern getüncht. Einen kahlen Nebenraum gibt es in dem Holzkohle in der einen und Zwiebeln in der anderen Ecke liegen.

Der Vorratsraum. Darami hat uns sein Zimmer für unseren Aufenthalt abgetreten. Mein Karton mit gekauftem Wasser wird herein gebracht. Vorsichtshalber habe ich mich mit sauberem Wasser zum Trinken versorgt, obwohl ich denke, dass ich mich in den letzten drei Monaten soweit akklimatisiert habe, dass mir ein bisschen schmutzigeres Wasser nichts mehr aus macht. Daramis Hof besteht aus dem Haus mit drei Räumen, dem Sitzplatz draußen mit einer dicken Maisstroh Schicht auf krummen Holzpfosten. Gerade so Stehhöhe. Eine Ziegelwand trennt den Wohnhof vom

Unser Schlafplatz am nächsten Morgen

Stallteil, wo mich ein Bulle und zwei Kühe aus ihren braunen Augen anschauen. Gut genährte Tiere mit sauberem Fell.

Daran anschließend das neu gebaute „Badezimmer“, die zweite Toilette im ganzen Dorf. Ein von einer Schulter hohen Lehmmauer umbauter Raum mit Zementboden. Im hinteren Teil ein Loch im Boden mit einer Grube darunter fürs Feste und einer Rinne mit Ausgang in der Umfriedungsmauer fürs Flüssige. Ein Eimer mit Wasser am Eingang zum Waschen und Nachspülen für die Pisse. Stinkt kaum und macht einen sauberen Eindruck.

Ausblick über die Mauer: Der große Baobab mit den Vogelnestern.

Sako verabschiedet sich, er bringt das geliehene Auto zurück Nach Kutiala und hofft, dass sein Taxi repariert ist. Ich gebe ihm schon einmal einen Teil der Fahrtkosten, damit er die Reparatur zahlen kann. Madu stellt mir seinen „grand frere“ vor, Omägä, der einen einzeln liegenden Hof mit viel Land einige Kilometer von hier bewirtschaftet.

Ein Kommen und Gehen von Kindern und Erwachsenen, Lachen und Scherzen um uns herum, ich fühle mich herzlich aufgenommen und einen Pulk von Kindern hinter uns her ziehend gehen Madu, Omägä und ich zu Madu’s Eltern, Onkel und Tante um sie zu begrüßen. Es ist inzwischen dunkel geworden. Ich habe meine Taschenlampe dabei und Madu hat eines der Kinder in den Dorfladen geschickt um noch eine zu kaufen.

Strom geschweige denn Straßenlaternen gibt es hier nicht. Frisch ist es, ein kühler Wind weht Staubfahnen hoch. Wir passieren einen Durchgang, einen niedrigen Raum und im Licht der Taschenlampen sehe ich an den Wänden Trommeln, Beutel und Gegenstände hängen, die ich nicht identifizieren kann im Dunkel. Dies ist das Fetisch Haus meines Vaters erklärt mir Madu. An der einen Wandseite hängen die Trommeln für die Totenfeiern, an der anderen die für Feste und ähnliche Gelegenheiten. Madus Vater führt die Rituale bei den Begräbnissen durch, begleitet die Toten mit Trommeln in die nächste Welt. Wir betreten den Innenhof des Gehöftes. Schwacher Lichtschein dringt aus dem Raum gegenüber in den mich Madu führt. Im Schein einer Petroleumlampe sitzen Wara, Madu’s Vater, Shotan, seine Mutter und Maramu die Frau seines Onkels um einen Charbonofen herum.

Ich werde mit warmem Händedruck begrüßt, mit direktem Blick in die Augen so mogo bee dee – torosite – amina – amina – amina. Weil ich natürlich nichts verstehe, sagt mir Madu vor, was ich beim Begrüßungsritual wann sagen muss. Eine Katze schleicht um uns herum, Kinder drängen sich an der Tür, kleine und größere Rotznasen schauen mich mit großen Augen an.

die drei Brüder – Omägä, Darami, Madu

Eine junge Frau bringt drei Schüsseln mit Essen herein und stellt sie auf den Boden. Das Abendessen. Madu fragt mich ob wir hier essen sollen oder beim petit frere, rethorische Frage, denke ich mir und antworte. „Beim petit frere“. Wir erheben uns, wünschen gute Nacht. Madu zieht mich zum nächsten Haus.

Hier begrüßt uns sein Onkel, petit pere Bougouza, der Dorfmarabu, mit weichem Händedruck und scheuem Blick der mich  nicht trifft. Eine Seltenheit hier, wo dir doch alle direkt in die Augen schauen, der Blickkontakt sehr wichtig ist für die Kommunikation. Wir verlassen den Hof und gehen durch das etwas unheimliche Fetischhaus durch zu Madu’s Bruder Darami, unserem Schlafplatz. Hier sitzen inzwischen Einige Männer und Kinder unter dem Schattendach mit der Strohdeckung beim Tee. Wieder mit großem Hallo werden wir begrüßt, mir der bequemste Polsterstuhl zum Sitzen angeboten. Alima, die erste Frau von Darami bringt das Abendessen, eine große Schüssel mit weißem Reis und eine kleinere mit Soße und kleinen Fleischstückchen. Madu schaut mich etwas entsetzt an – er hatte vergessen zu sagen dass ich kein Fleisch esse. Macht nichts, meine ich und lange wie die anderen Männer in die Reisschüssel, esse ihn halt pur. Doch nach zehn Minuten kommt Alima, mit Kind auf dem Rücken und einer kleinen Schüssel mit roter Soße in der Hand wieder. Lächelt mich an und stellt sie vor mich hin. I ne che, danke, sage ich und ziehe ein Reisbällchen mit der rechten Hand geformt durch die Soße. Der Abend wird lang. Nach dem Essen gibt es Tee. Überhaupt ist einer immer am Tee machen. Der jüngste Bruder Neryere ist es meist.

Hier bedient immer der Jüngere den Älteren. Er spricht ganz gut Französisch und mit ihm kann ich ganz gut reden. Er geht in Kutiala in die Schule Und arbeitet nebenbei auf dem Bau, erzählt er mir. Ein dauerndes Kommen und Gehen ist hier. Manchmal sitzen wir zu zehnt auf der Liege und den Gartenstühlen. Die langen Begrüßungen der Neuankömmlinge, neugierige Blicke zu mir. Einer aus dem Nachbardorf mit einer verletzten Hand, war ihm bei der Arbeit ein Stein darauf gefallen, reicht mir seinen Arm zur Begrüßung und erzählt auf Bambara wie es passiert ist. Nach kurzem Überlegen hole ich aus meinem Gepäck die grüne Dose mit dem Rest der Pferdesalbe, die mir meine Frau Karin vor der Abreise noch in die Hand drückte. Einen Teil habe ich selber verbraucht, einen anderen Sanata, Madu’s Frau, für den Rücken spendiert. Diese gebe ich dem Verletzten. Die Anwendungsweise erkläre ich französisch holprig dem auch gerade gekommenen Doktor aus der Gegend. Der gibt es dann in Bambara wieder. Die Freude ist groß. Ich reibe dem Verletzten die verstauchte Hand ein und bin damit gut eingeführt. Madu ist für einige Zeit zu seinen Eltern und Onkel verschwunden. Es ist ziemlich kühl geworden, ich schaue zum Himmel und sehe die Sterne, den Orion mit seinem Gürtel direkt über mir, der Saharastaub ist verschwunden. Morgen scheint bestimmt die Sonne wieder. Obwohl ich von den Unterhaltungen nichts verstehe, fühle ich mich sehr wohl unter den Leuten hier. Allmählich haben sich einige verabschiedet, Madu kommt wieder, wir rücken näher an den Holzkohle Ofen und trinken einen der letzten Tees vorm Schlafengehen.

Der nächste Morgen weckt mich mit strahlendem Sonnenschein. Madu ist auch schon wach, im Freiluft BadeZimmer, mit Blick auf den imposanten Baobab, steht ein Eimer mit warmem Wasser, woraus ich mir eine Hand voll Wasser ins Gesicht schmeiße und die Zähne putze. Madus jüngerer Bruder Darami bereitet das Futter für die drei Rinder. Madu und ich machen einen Rundgang durchs Dorf. Ich bin ganz hingerissen von den Lehmziegel Bauten

und den runden Stroh gedeckten Vorratshäusern.

Allerdings sind schon viele der LehmBauten verfallen, da die Bewohner das Dorf verlassen um Arbeit in den Städten zu finden.

Die Chance auf Arbeit hier ist gering, und ein Luxusleben, auch in bescheidenem Maße ist das hier wirklich nicht. Wenig Wasser, kein Strom, Landwirtschaft ist nur Richtung Regenzeit möglich, ohne ohne Bewässerung. So ist es sehr schwierig im Dorf Geld zu verdienen und ohne Geld kann man die Grundlagen nicht verbessern. Immerhin wurde am Rande des Dorfes eine neue Schule gebaut, sogar mit Toiletten, die von einer nicht staatlichen deutschen Hilfsorganisation finanziert werden sollten. Aber nach diversen Querelen mit den malischen Vertretern, die die Kohle in ihr eigenes Heimatdorf und eigenen Geldbeutel umgeleitet haben, wurde es doch selbst geschafft auch noch das Dach zu organisieren.

Inzwischen sind wir am Dorfplatz angekommen, wo am Grillplatz eine Frau sitzt und kleine Pfannkuchen aus Hirsemehl auf einem Holzkohleofen bäckt. Für 200 FCFA zirka 30 € cent bekommen wir eine ganze Schüssel voll und gehen wieder zurück zu Darami, der inzwischen die Kühe hinaus gelassen hat zum Blätter und Buschwerk abweiden. Gras gibt es jetzt nicht. Alima hat eine große Schüssel Moni gekocht, eine weiße dickflüssige Suppe mit weißen Klümpchen. Hält nicht lange vor, ziemlich geschmacklos, etwas säuerlich süßlich, das übliche Frühstück hier. Auch aus Hirse. Wir essen es alle aus einer Schüssel mit Schöpfkellen ähnlichen Löffeln aus Holz oder buntem Plastik. Nicht gerade der Hit, aber mit den Pfannkuchen ganz ok. Die Männer essen zuerst, dann die Kinder und Frauen was übrig bleibt. So ist das hier. Also als Mann nicht alles aufessen!

Neryere macht schon wieder Tee, die Kinder wuseln um uns herum, ich mache Fotos und fasziniert schauen sich die Kleinen, und nicht nur die, das Ergebnis auf dem Display an.

Jetzt gehen wir zusammen mit Madu’s älterem Bruder Omägä zu ihren Eltern. Ich werde wieder herzlich begrüßt. Wara, der Vater ist ein ganz lieber Fünfundachtzig jähriger Mann mit einer ungemein freundlichen Ausstrahlung, ungewöhnlich alt für Mali, wo ein Durchschnittsalter von einundfünfzig Jahren herrscht.Er macht die Begräbniszeremonien, spielt die Totentrommeln, bei Festen spielt er Ballaphon und singt. Ist auch für die traditionelle Medizin zuständig. Shotan die Mutter begrüßt mich und fragt, nach der langen Begrüßungszeremonie, natürlich über Madu, besorgt, ob ich auch genug zu essen hätte, denn ohne Fleisch sei es doch schwierig hier. Fleisch macht hier nicht die Menge, sondern den Geschmack in den Soßen. Gemüse gibt es nur sehr wenig in der Trockenzeit, und so ist das Angebot für Vegetarier noch etwas dürftiger als für Allesesser. Aber ich sage ihr, dass alles wunderbar sei, ich satt sei und für die liebe Aufnahme im Dorf danke.

Wara und Shotan – Madu mit Tante Maramu

Madu und ich haben ein kleines Programm für Heute. Mittagessen bei Omägä, er bewirtschaftet einen Hof ein paar Kilometer weiter, vorher noch die kleine Schwester besuchen.. nachmittags größerer Rundgang durch das Dorf und später dann ein Besuch bei Onkel Bougouza dem Dorfmarabu und seiner Frau Maramu.

Bougouza will die Karten für mich legen, wie wir sagen würden, er wird es auf seine Weise machen. Ich bin gespannt. Habe gehört, dass Leute sogar aus dem fernen Bamako bis hier her kommen, um sich weissagen zu lassen. Aber jetzt setzen wir uns erstmal auf das von Omägä geliehene Moped und knattern nach anfänglichen Startschwierigkeiten zur „Tankstelle“, dem Boutiqui, dem Dorfladen.

Draußen steht ein Regal mitalten ein Liter Glasflaschen, in eine wird etwas Zweitaktöl nach Gefühl gegossen, dann mit Benzin aufgefüllt und ab in den Tank. Vier Mal das Ganze für je siebenhundert FCFA, macht zirka vier Euro fünfzig, ganz schön teuer für die Verhältnisse hier. Ich übernehme die Bezahlung und dann geht es los. Ein Gewirr von Wegenund Fahrspuren, über ausgetrocknete Felder, in Abständen von Nußbäumen und Mangos bewachsen, an dichtem Gebüsch vorbei, Palmen, ab und zu ein dicker Baobab, Gehöfte mit Frauen und Kindern denen Madu Begrüßungen zuruft. Wir sind am Hof seiner kleinen Schwester angekommen, er hat ein paar Geschenke für sie dabei, aber die Frau im Hof, mit dem kleinen Mädchen das mich mit großen Augen anstarrt, bedeutet ihm, dass sie nicht da ist. Madu lässt die Sachen da und wir fahren weiter durch den Busch zu Madu’s Bruder.

Nach zwei, drei Kilometern kommen wir zu Omägäs Hof und werden strahlend empfangen.

Es ist noch zu früh zum Essen und so sitzen wir, die Männer unter dem Vordach und trinken…was wohl? Tee. Omägäs Frau stampft Mais für To im großen Mörser und seine kleine Tochter linst scheu hinter dem Türpfosten hervor. Omägä wollte eigentlich in der Armee bleiben, war schon Offiziersanwärter, ein „sicherer“Job, aber der Vater hat, wie meist hier im Dorf, durchgesetzt, dass er die Landwirtschaft übernimmt. Aber wie soll man hier Landwirtschaft machen, wenn man nur ein paar Monate im Jahr hat. Der Brunnen ist jetzt schon fast trocken und bis zur Regenzeit sind es noch Monate. Über dem eigentlichen Grundwasser liegt eine harte Steinplatte, wie dick weiß man nicht genau, meint Omägä. Wenn man die durchbohren könnte, gäbe es genug Wasser. Aber das kostet zu viel. Es ist wie überall – ohne Geld keine Investitionen – ohne Investitionen kein Verdienst. Madu meinte, wenn ich wollte könnte ich mich auch alleine etwas umsehen, und nachdem mir Omägä versicherte es gäbe nur kleine, schwarze, giftige Schlangen, die ziemlich schnell seien, aber mit meinen dicken Schuhen das kein Problem sei, mache ich mich beruhigt auf zu einem Spaziergang. Eine gute Stunde treibe ich mich jetzt in der Landschaft herum, schaue mir fremde Pflanzen und Blüten an, sitze eine Weile an einen Baobab gelehnt; die Großen, Alten, meist mehr Stamm als Ast, knorrige Wesen.

Lasse die Landschaft auf mich wirken und stelle fest, dass ich ja doch noch immer in einer Kultur Landschaft sitze und nicht im Urwald. Bis auf ein paar laute, bunte Vögel ist die Fauna nicht besonders rege. Es zwicken keine Ameisen oder Termiten und kleine schwarze Schlangen habe ich auch nicht gesehen. Langsam gehe ich wieder zurück an dem Brunnen vorbei, dessen Rand ein alter Autoreifen befestigt.

In ungefähr sechs Metern Tiefe spiegelt sich die Wasserfläche. Über die Felder komme ich wieder zu dem einstöckigen Lehmziegel-Bau in L Form. Drei runde Vorratshäuser mit Strohdach und Esel dazwischen bilden dann das U. Im Hof liegt ein großer Stapel frisch gemachter Lehmziegel um zu einem weiteren Gebäude verbaut zu werden. Dann ist der Vierseithof fertig. Omägä und Madu sitzen noch unter dem Schattendach, aus dem kleinen demolierten Radiorekorder schallt Ballaphon und malische Gesänge. Omägäs Frau bringt eine Schüssel Mais To mit den üblichen zwei Soßen, die grüne aus Acekeschoten und Baobabfrucht, die Rote aus Tomatenmark, Zwiebeln und sonstigen Gewürzen. Die Grüne kostet schon Überwindung und geschmacklich eher nichts sagend. Ich halte mich an die rote Soße. Zum Trinken Wasser aus dem Becher.

Ich hatte mir ja eine Kiste Mineralwasser gekauft, aber ich trinke auch Brunnenwasser, wenn es nicht gerade rot oder sonstig gefärbt ist. Gegen Bakterien oder ähnliches bin ich sehr resistent, wie mir die letzten drei Monate in Mali bestätigen. In Bamako schmeckt das Wasser ziemlich nach Chlor, weshalb ich Flaschenwasser vorziehe. 12 mal 1,5 l kosten 5€, auch nicht billig. Aus einem Plastikeimer mit Deckel bietet mir Omägä Milch von den eigenen Kühen an; sehr gut, wie sich’s gehört. Danach noch ein Glas Wein aus der Gegend. Da muß man erst noch einen zweiten Schluck nehmen, um ein Urteil fällen zu können. Auch nicht schlecht, süß, etwas herb und sehr fruchtig, wenig Alkohol, sechs bis sieben Prozent vielleicht. Kann man trinken. Beim abschließenden Tee unterhalten wir uns über die Wasser und Geldprobleme, das Hauptthema. Ich erzähle dass es bei uns in Europa auch nicht so einfach ist und es arme Leute gibt. Aber wenigstens genug Wasser gibt es noch. Wir jammern auf anderem Niveau.

Wir verabschieden und schwingen uns auf’s Moped, fahren wieder Richtung Dorf. Omägä braucht nachher das Moped um nach Kutiala zu fahren. Er kommt mit dem Rad nach. Wir halten zwischendurch noch am Baumwollsammelplatz wo große rechteckige Baumwollhaufen liegen.

Mehrere Arbeiter sind dabei auf blaue Plastikplanen die Baumwolle zu häufen und dann die zugebundene Plane zu der Hütte, vor der eine Waage, steht zu schleppen.

Auch hier werden wir mit großem Hallo begrüßt. Die Geschäfte gehen schlecht, der Baumwollpreis ist unten, von den subventionierenden Amerikanern versaut. Trotzdem Lachen und Fröhlichkeit. Wieder auf’s Moped und während der kurzen Fahrt zum Dorf erklärt mir Madu, dass vor zwanzig Jahren hier überall noch dichter Wald war. Alles wurde zu Bauholz und Holzkohle verarbeitet und man sieht auch immer wieder Frauen mit Holzbündeln auf dem Kopf aus dem Busch kommen, mit denen sie die Kohlemeiler füttern. Womit soll man sonst kochen. Seit Jahrtausenden geht das mit Holzkohle. Es gibt nichts anderes. Wir kommen noch an der kleinen Moschee vorbei, die vor ein paar Jahren gebaut wurde, nachdem der letzte Dorfvorsteher, der den Bau immer verhinderte, starb.

Aber Moslems sind hier immer noch in der Minderzahl. Die Moschee durfte auch nur außerhalb des Dorfes gebaut werden. Wir kommen an einem anderen Platz, dem Festplatz, vorbei. In der Mitte steht ein kleines Fetischhäuschen.

Hier finden Feste und Zeremonien statt. Nachts sei es hier gefährlich meint Madu, der ja nicht an Geister oder ähnliches glaubt. Als Kind wurde er jedoch von seinem Onkel dem Marabu,den wir gleich besuchen werden, initiiert, er sollte mal das Erbe seines Onkels übernehmen, die Tradition fortführen. Aber er ist lieber Musiker und hat sich durchgesetzt.

Drei Stühle stehen links an der Wand des Fetischraumes in den uns Bougouza mit dem weichen Hände Druck und dem scheuen Blick führt. Niedrig, nur spärlich erhellt durch die Türöffnung. Wir setzen uns, Bougouza mit dem Rücken zu uns, den Blick ins Dunkel des kleinen Raumes gerichtet. Überall hängen Beutel, Bündel mit Kräutern und allerlei magische Gegenstände. Bougouza sitzt auf dem Boden, rechts neben sich eine zirka dreißig Zentimeter breite und einen Meter lange Bahn mit glatt gestrichenem Sand. Er drückt mir eine Hand voll Sand in die meine, ohne sich um zudrehen, irgend etwas murmelnd. Madu bedeutet mir meine Fragen laut auf Deutsch in den Sand in meiner Hand zu sagen und dann den Sand seinem Onkel zurück zu geben. Dann lege ich noch fünfhundert FCFA, ungefähr achtzig Cent, auf einen Stein, wo noch andere Münzen liegen. Bougouza verstreut den Sand aus meiner Hand auf seiner Sandbahn, streicht sie wieder glatt und beginnt vor sich hin murmelnd mit der Rechten Zeichen in den Sand zu setzen. Wie ich sehe, die gleichen, die ich schon auf einem Zettel, der an dem Türpfosten hängt, bemerkt habe.Sie sehen aus wie Tierspuren im Sand. Nach einer Weile fängt er an zu sprechen. Madu übersetzt. Ich bin erstaunt. Alles was er sagt bezieht sich genau auf das, was ich fragte. Genauer lasse ich mich an dieser Stelle nicht über den Inhalt aus. Privatsache. Aber Bougouza ist schon überzeugend. Die Sitzung ist beendet. Wir verabschieden uns. Draußen auf der Bank warten inzwischen zwei gut gekleidete junge Männer mit Handys darauf, dass sie dran kommen. Richtig viel los ist hier im Hof.

Blick von Daramis Hof

Zwei kleine Mädchen stampfen im großen Mörser Mais. Eine Frau sortiert die auf einem großen Lehmofen getrockneten Nüsse, die zu „beurre carite“ verarbeitet werden. Hunde, Katzen, Hühner, Kinder. Zwei bunt gekleidete, stolze, jun ge Frauen wollen auch zum Marabu. Madu’s Vater unterm Schattendach lädt mich zu einem Becher Hirsebier ein. Schmeckt ein bisschen wie Apfelmost und sieht auch so trübe aus. Wir gehen wieder durch das Fetischhaus. Einer der modernen Jünglinge hat doch tatsächlich sein schniekes Moped direkt vor den Ausgang geparkt. Madu stellt es Kopf schüttelnd weg und wir gehen wieder zu Daramani. Dort lassen wir uns im Hof unter dem Dach nieder, es wird bald dunkel, wir genießen den Tee den Neryere macht und das Pate, leckere Krapfen aus Hirsemehl mit Chili drin, von denen Alima eine große Schüssel voll gemacht hat. Der Abend verläuft ähnlich wie der letzte. Kommen und Gehen. Kinder wollen fotografiert werden, ein Tee nach dem anderen. Madu geht später nochmal zu Vater und Onkel. Ein guter Tag gewesen mit vielen Eindrücken und einem Dorfgemeinschaftsgefühl wie ich es sonst noch nicht erlebt habe. Ich denke bei mir; ein halbes Jahr würde ich es schon aushalten, auf Trapper Niveau, so fühle ich mich hier ein bisschen. Befriedigt von dem Tag strecke ich mich gegen vierundzwanzig Uhr auf meiner Matratze aus.

Termitenbau

Kurz nach Sonnenaufgang sind wir wieder wach. Es ist kühl, aber die Sonne scheint. Madu fragt ob ich mich waschen wolle, ich nicke. Nach kurzer Zeit kommt Daramis zweite Frau Säba, hochschwanger, mit einem großen Eimer warmen Wassers an, den ich ihr gleich abnehme und unter ihrem erstaunten Blick selber zum Freiluftbad schleppe. Da hätte ich auch auf’s Waschen verzichtet, wenn ich das gewusst hätte. Tage später sollte ich erfahren, dass sie ihr Kind verloren hat. Afrika, viel Armut unter wenigen Reichen, die nichts abgeben, ärztliche Versorgung auf dem Land gleich null und wenn dann kostet sie. Schwer zu verändernde Traditionen, die doch auch vieles zusammenhalten. Ich wasche mich mit dem warmen Wasser, den Blick auf den großen, von Krähen artigen Vögeln mit langen Schwänzen umflatterten Baobab gerichtet. Die zwei Kühe und der Bulle schauen mich neugierig an als ich das Bad wieder verlasse und mich zu Madu unter das Dach setze. Die noch niedrig stehende Sonne vertreibt die morgendliche Kühle. Madu drückt einem kleinen Jungen zweihundert FCFA in die Hand zum Hirseküchlein kaufen. Alima bringt das obligatorische Moni. Darami gesellt sich zu uns mit der kleinen Tochter auf dem Schoß, auch Omägä taucht auf. Er hat aus dem Nachbardorf ein vier Liter Kanister mit Hirsebier für uns zum mitnehmen geholt. Madus Vater hat sich auf den Weg gemacht, Rinde und verschiedene Blätter zu sammeln, als Arznei für Madu’s ewig kranke Frau, die glaube ich einfach keine Synthese findet zwischen der Tradition und dem „modernen Leben“ in Bamako. Gegen zehn Uhr taucht Sako auf mit dem reparierten Taxi. Dreißig Euro hat er für geplatzten Schlauch, neue Kopfdichtung und Einbau gezahlt. Guter Preis. Ich mache mich jetzt, einen Schwarm Kinder hinter mich herziehend, auf zu einer Fotorunde durch das Dorf.

Wasserstelle

Eines der Kinder ein etwa zehn jähriger Junge kann etwas Französisch, er saß schon gestern Abend länger bei mir, immer seine kleine Schwester auf dem Rücken oder Schoß. Mit ihm kann ich mich gut verständigen. Viele Dorf Bewohner winken mir zu, grüßen mich. Hast du das Vertrauen der Kinder, ist das der Erwachsenen auch da.

Jetzt schauen wir noch zu der Mühle, wo ein lauter Dieselmotor die Mahlsteine antreibt und Nüsse für „beurre carite“ zu einer dicken dunkel braunen Masse mahlt.

Diese „beurre carite“ wird sowohl als Fett zum Kochen, als auch als Creme zum einreiben der Haut benutzt. Riecht etwas streng für unsere Nasen. Aber im Essen fällt es kaum auf. Als wir wieder bei Darami eintreffen, erfahre ich, dass Madu’s Vater wieder zurück ist und wir gehen zusammen mit Sako und Omägä wider durch das Fetischhaus hindurch zu Madu’s Eltern. Wara sitzt vorm Haus, rötliche Rinde in kleine Stücke hackend und Blätter in Bündel bindend.

Als nach einer Weile alles in Plastiktüten verpackt ist, naht das Abschied nehmen. Ich würde gerne das nächste Mal, wenn ich etwas Bambara spreche, mit dir Rinde und Blätter sammeln gehen, sage ich zu Wara. Die erfreute Antwort war.“Sehr gerne, das nächste Mal werde ich für dich singen und Ballaphon spielen.

Der Abschied, wie die Begrüßung, ein gegenseitiges Gutes wünschen, für die Familie, das Dorf; ich danke für die gute Aufname – amina – amina. Ich gebe Wara als kleines Dankeschön 5000 FCFA. Auch Bougouza kommt und verabschiedet mich mit seinem weichen Händedruck.

Madu’s Mutter und die Tante überschütten mich mit Segenswünschen und ich antworte wie von Madu beigebracht – amina – amina. Wir packen die Plastiktüten mit den Arzneien und mit einem letzten Winken gehen wir durch das Fetischhaus zu Darami hinüber wo das Taxi steht. Wir laden unsere Sachen ein, wieder umschwärmt von Kindern und Erwachsenen, noch ein paar Fotos aus dem Autofenster, der kleine Junge mit seiner Schwester auf dem Rücken fragt mich traurig, warum ich nicht da bleibe. Das Dorf hat seine Eindrücke bei mir hinterlassen.

Auf dem Weg nach Kutiala treffen wir noch den Großen, Lustigen der sich überschwenglich für die gute Salbe bedankt. Akafsa – akafsa., besser – besser; ein paar Worte Bambara sind inzwischen auch bei mir hängengeblieben. Schwierig wenn man gleich zwei neue Sprachen lernen soll. Nach zwei ein halb Stunden erreichen wir Segou, wo wir noch einen Blick auf den breiten Niger und die Bühnen für das Niger Musik Festival werfen das hier in den nächsten Tagen stattfindet.

Auf der weiteren Heimfahrt kaufen wir noch zwei große Säcke Holzkohle. Einen für Sako und einen für uns. Sie kosten hier nurhalb so viel wie in Bamako. Chistof kocht in Bamako mit Gas, aber Sanata braucht die traditionelle Kochweise mit Charbon.

Jetzt sind wir den Berg zu Christof’s Haus hinaufgekrochen in der Dunkelheit und werden mit lautem Gebell von Leo und großem Hallo von Sanata, Christof, den Nachbarn und den Kindern begrüßt.

Eberhard Jost

Bamako 2008 – Ebbys erste Eindrücke

Einer der Märkte in der Stadt

Bamako

Das ist das was man sich als Europäer unter einem Moloch von Stadt vorstellt. Stinkend, dreckig, staubig, vermüllt, versmogt, die Hitze flirrt über der Stadt, ein Gewusel von knatternden Mopeds und Autoruinen. Einen weit ausgedehnte Stadt aus meist einstöckigen Betonsteinhäusern mit Innenhöfen, Alte auch noch

in der traditionellen Lehmbauweise. Oft sind Wellblech-Holz oder Schilfmattenbaracken angebaut, in denen sich Werkstätten, kleine Läden etc. befinden. Nur wenige Hauptstraßen sind geteert, mit unendlich vielen Querhubbeln damit langsam gefahren wird. Die anderen Straßen bestehen aus dem hiesigen roten Lehmboden, übersät mit Schlaglöchern, Querrinnen, Plastikmüll, Steinen und Abwasserrinnsalen. Das Leben findet

draußen statt Für unsere europäischen Verhältnisse ist es schrecklich hier. Oft kaum auszuhalten der Gestank des Mülls, der Auto und Mopedabgase, einige fahren mit Mundschutz rum.

Trotzdem herrscht hier eine lebendige, kommunikative, gelassene Atmosphäre. Trotz der, aus unserer Sicht völligen Armut des größten Teils der Bevökerung, findet hier mehr Leben, kommunikativeres Leben, als bei uns statt. Geht man durch die Straßen, wird man von den Leuten die vor den Häusern sitzen, gegrüßt mit dem rituellen Gruß in Bambara. (etwas kompliziert, bei mir noch nicht drin). Angst vor der Bevölkerung hier kommt keine auf.

Wohngebiet

Nervig ist es hier wenn du dich motorisiert bewegst. An vielen Kreuzungen und Verkehrskreiseln lauern die Bullen um irgendwelche Verkehrsverstöße aufzudecken und 2-3000 Franc ab zu zocken. Ohne Versicherung zu fahren kostet für Schwarze 2 und für Weiße 3000 Franc. 650 F sind 1 €. Zu Fuß hat man da keine Probleme. Die Aufdringlichkeit der Händler, Bettler und Straßenverkäufer kennt man ja aus anderen Ländern auch.

Ab Sonnenuntergang sitzen wir auf Christofs Dachterrasse. Sein Haus liegt am nördlichen Hang des großen Talkessels in dem Bamako liegt, mit weitem Blick über die Stadt, sofern es bei etwas Wind die Smogdunstglocke erlaubt. Noch in weiter Ferne

blinken die Lichter im Talkessel und an den Hängen, wenn nicht gerade mal wieder der Strom ausgefallen ist. Auffällig dass ab und zu ein Auto oder Motorrad zu hören ist, ansonsten nur das Gelächter und Geschwätz der Leute die auf den Straßen und Dachterrassen sitzen, in der Umgebung Ballaphone, Flöten und Trommelmusik aber auch die übliche Allerweltspopmusik. Der Muezzin nervt hier nur morgens um 4, abends um 7 fügen sich

die unterschiedlichen Gebetsgesänge in die allgemeinen

Grundgeräusche ein.

Bamako, eine Stadt in der man es eigentlich nicht aushalten kann, trotzdem mit speziellem Charme, vielen schönen Frauen und zumindest oberflächlich gesehen, freundlichen, offenen Menschen.

An einer zweispurigen Hauptstraße

Christof ist gestern nach Berlin geflogen für 2 Wochen und jetzt bin ich hier mit Madu, Sanata und deren Kindern Ma und dem kleinen Brüllprinz alleine. Ma ist eine ganz süße 5 jährige,

der Bruder ein 2,5 jähriger hübscher Nervbold, dessen Namen ich mir nicht merken kann. Auf Deutsch „alter Mann“.

Aber kein Problem dass Christof weg ist. Mein Französisch wird schon besser und ich habe hier genug zu tun. Bauen, schreiben wie man sieht, Musik machen mit Madu, auf der Terrasse sitzen. Außerdem geht hier eh, wie in Italien, der Hitze wegen alles langsamer.

Einen Bericht über die Erlebnisse auf unserer Fahrt hier her, den wir mit Stichpunkten schon fixiert haben, wird Christof verfassen.

Die Fahrt war schon sehr spannend und erlebnisreich und garnicht so wie, durch Erzählungen und Berichte beeinflusst, angenommen. Es ist weder langweilig noch gefährlich noch wird man eher umgebracht als in Deutschland, noch bekommt man als Vegetarier in Mauretanien nichts zu essen. Wir sind z.B. zwischen

Kiffa und Ayoun abends um 10 im Sand stecken geblieben und nach 1 STD waren 6 Männer und 1 LKW da und haben uns wieder ausgebuddelt. Sie haben von uns ein paar Geschenke und etwas Geld für Diesel bekommen, was ich für selbstverständlich halte. Bleibst du irgendwo am Straßenrand stehen, hält bestimmt von alleine bald jemand und fragt ob du Hilfe brauchst. Aber vielleicht war das Verhalten der Marokkaner und Mauretanier uns gegenüber auch offener, weil wir etwas

angedreckten weißen Typen mit Turban eindeutig keine Touristen waren, mit unsrem mit Plane abgedeckten LKW, der aussah wie alle anderen hier auch.

Das Hippo

Tierstandbilder sind in Bamako normal.

So jetzt hab ich mal etwas von meinen Eindrücken hier

wiedergegeben, weiters wird kommen. Einen neuen Namen habe ich auch schon und alle freuen sich darüber wenn ich mich mit ihm vorstelle. „Samba Trauree“ Einer der Ärzte, die Christof unterstüzt, hat mir seinen Namen gegeben, nachdem ich erklärt

hatte wie man mit einem Rollator (Gehwagen) umgeht.

Einen Lieben Gruß aus Mali von Ebby Samba Trauree.

Leo – Christofs Hundi

Diarraso mit Sanata und Kindern

Beim Lehrer

Etwas außerhalb

Leben in Banconi Razel – Bericht von Ebby Jost – Dezember 2008

Leben in Banconi Razel –

Bericht von Ebby Jost –

Dezember 2008

Geräusche
Sind hier vielfältig. So manche Nacht der Hundechor. Ein vom Wind her und weg gewehtes Gebell-Geheule, auf und abwabernd im Widerhall der Steinbruchwand, eher eine sandabschab Wand, wo in Handarbeit mit Hacke und Schaufel die Männer allein oder zu zweit, einen Streifen Wand von oben angefangen, gerade so breit und tief, dass sie arbeiten können, abhacken und schaben und den Abraum zwanzig bis dreißig Meter in die Tiefe schaufeln.

Zum Arbeitsplatz gelangt man nur von oben über in den festgebackenen, sandigen Fels gehauene Stufen. Zur Arbeitszeit ist die Wand in Staubfahnen gehüllt. Halb weg ist er schon der Berg. Aber jetzt ist ja Nacht, er ist nicht zu sehen. Eine außergewöhnlich ruhige Nacht. Seltenst ein Auto, ab und zu ein Moped. Manche Nächte, speziell natürlich Freitag, Samstag, Sonntag; irgendwo klapperts, heute Nacht ist es windiger-ziemlich windig, einer dieser überall verwendeter, rostfarbener, blechener mit beweglichen Lamellen ausgestatteter, einfach zusammen geschweißter Fensterläden, die meist nicht vor Fenster klappen, sondern vor Fliegengitter; ploink  ploink……..

Ach so- wochenends geht hier oft die Post ab. Von der einen Seite Ballaphon, eine Art Xylophon aus Holz mit kleinen Kalebassenklangkör-pern, flotte Trommeln und kräftige Frauenstimmen; die-ser Sound von abends zehn gerne auch bis morens um vier, von der Bergseite her. Von rechts ein höheres, heißt kleineres Ballaphon, hört man auch kilometerweit, auf und abschwellend, je nach Wind. Dazu noch aus der Boutique, so heißen die kleinen Läden hier, wo der tägliche Kleinkram verkauft wird, Zigaretten einzeln usw., recht laut Mali Musik aus der Konserve und von weiter unten aus Richtung der Stadt Livemusik aus den Verstärkern. Um vier stimmt dann der eine oder andere Muezzin sein Klagelied an. In der näheren Umgebung zuerst noch am lautesten die spielenden Kinder auf dem Platz vor dem chateau d´eau, dem von den Japanern als cadeau gebauten Wasserspeicher.

A propo Wasser, die Pisse läuft nicht ab. Hier pißt Mann und Frau am besten in den Abfluss, der in der Mitte eines jeden Bades plaziert ist, als Mann kann man ja auch ins Waschbecken pissen, aber das ist plötzlich dicht. Wenn ich das Waschbecken mit
Wasser fülle und dann ablasse, drückt das Ganze aus dem Duschabfluss wieder heraus. Diese Pissmethode ist übrigens äußerst Wasser sparend und hat sich hier durchgesetzt. Einmal pissen Duschabfluss oder Waschbecken mit einem Liter Wasser, oder einmal ziehen am Spülklo mit sechs bis sieben Liter Wasser. Der Spülkasten vom Klo wird mit Eimern befüllt, die befüllt der Wassermann Sountje, ein lieber junger Typ, der mich immer anstrahlt, etwas stärker nach Schweiß riechend, also schwitzend, nachdem er acht Kanister a zwanzig Litern mit einem zweirädrigen Wagen, bei uns würde man „Mopedanhänger“ sagen, den Berg hinauf geschoben hat. Und das zu uns alleine auch zweimal am Tag. Das nur so nebenbei, aber gestern Abend war der See im Bad schon arg groß und roch unangenehm nach Pisse. Nun gut, heute Nachmittag rumgestochert und mit neu gekauftem Pümpel, sogar mit Handpumpe dran, nach giftigem Plastik intensivst riechend., versucht freie Bahn zu schaffen immerhin mit mäßigem Erfolg, wie ich beim ins Bett gehen feststellte. Es blubberte rythmisch im angenehmen – blupp blupp blüpp – blupp blupp blüpp – blüpp blupp – blüpp blupp.

Wie gesagt, die Geräusche sind hier vielfältig und das waren bestimmt noch nicht alle. Jetzt fangen die Hunde wieder ihren Chor an, die Mücken summen ihr aufreizendes Lied. Aber ich liege unter dem Moskitonetz geschützt ätsch! Cä koro ba weint im Schlaf etwas, hat heute heftig eins auf die Birne bekommen der Arme. Aber er musste ja unbedingt auf Sountjes Wasserwagen während er ihn die Rampe, die ins Haus führt, hinauf schiebt und platsch liegt der kleine Prinz auf dem Boden und hat zwei dicke blutende Beulen am Kopf. Geschwind mit Spray desinfiziert, dann auf dem Arm von Madu zur Arztstation um die Ecke, vorher ihm noch 5000 FCFA in die Hand gedrückt. Als er nach einer knappen Stunde wieder kam, hatte der Kleine einen recht notdürftigen Verband um den Kopf gewickelt, Madu hatte für 2000 FCFA Verbandszeug in der Apotheke kaufen müssen, dann wurde der Verband angelegt, und ein Rezept-´- wie sollte es hier anders sein – für Antibiotika ausgestellt, und der kleine Patient für morgen  zum Nachschauen bestellt. Die Antibiotika haben wir gestrichen und einen morgigen Besuch in der Krankenstation, wo unsere befreundeten Ärzte von der ärztlichen Hilfsgruppe arbeiten, ins Auge gefasst.

Im Krankenhaus muss man 1000 FCFA, für jeden privaten Arztbesuch muss man hier  mindestens 5 – 6000 FCFA pro Woche plus Medikamente zahlen. 6650 FCFA sind 10€. Kein Geld heißt kein Arzt. So einfach ist das hier. Jetzt ist`s fast drei Uhr und ich möchte eingeschlafen sein, bevor um vier Uhr der Muezzin ruft.

Klopfen
Ist hier ein allgemein sehr verbreitetes Geräusch. Ob für To, letztlich ein puddingartiges Gericht aus Mais mit Soße aus Zwiebeln, Möhren, Tomaten und Tomatenmark, gründlich gekocht, oder Hirse; in großen Holzmörsern zerkleinern die Hausfrauen weithin hörbar das Getreide mit rhythmischen Schlägen. Richtig ab geht es bei den Stoffschlägern, die zu dritt die Baumwollstoffe für Bubu`s plattklopfen; das kann wenn`s sein muss auch die ganze Nacht durchgehen. In immer wiederkehrenden Rythmen mit kurzen Unterbrechungen. Manchmal stampft auch ein motorgetriebener Hammer seinen Schlag dröhnend in die Landschaft. Nur andauernder Autolärm ist hier am Stadtrand nicht zu hören.

Cä koro ba, (Mann alt viel), geht’s nach dem morgendlichen Verbanderneuern wieder gut; wenn der nicht gleich kriegt was er will, legt er sirenenartiges Geheul ein und stampft mit den Füßen auf den Boden. Schwingt sich Madu auf das Moped, geht die Sirene los. Lieb sein kann er aber auch, der Dickkopf. Und das ist seine Schwester Mah:

Die Tage vergehen auch hier wie im Flug so sicher wie die Flughunde zwischen 18,40 Uhr und 19,10 Uhr von Südosten nach Nordwesten flattern, heißt von der Stadt wo sie Unterschlupf in unbewohnten Häusern finden auf`s Land zum Fressen. Sie sind Früchtefresser, haben bis zu ein Meter und fünfzig Spannweite, hab ich in Mayers Lexikon von Christof nachgeschaut, in Afrika wie man sieht beheimatet, hier nur so um die 50 bis 60 cm Spannweite, aber schon sehr große Flattertiere, und sehr pünktlich. Auch die Frösche sind, im Gegensatz zu den meisten Menschen, ziemlich pünktlich. Bei Einbruch der kurzen Dämmerung kommen sie durch den Eingang hereingehüpft, von Leo und den Menschen geduldet, grau-braun mit Flecken in gelblich und bewegen sich zielstrebig zu der Neonröhre an der Studiowand, wo sie eifrig nach oben schauend auf die abstürzenden Insekten warten. Die Frösche sind stumm, zumindest wenn sie hier bei uns sind.

Das Tabasci Fest, vierzig Tage nach Ramadan.
Überall ziehen größere und kleinere Schafherden durch die Stadt, besonders eindrucksvoll bei tobendem Feierabendverkehr auf einer vierspurigen Straße im Dunkeln gerade noch vertretbar von der schwachen Straßenbeleuchtung und Fahrzeugscheinwerfern, so vorhanden, erhellt. (Auf 85% der Straßen gibt es keine Beleuchtung).

Überall blökt`s und mäht`s, sind vor den Häusern große Schafböcke angebunden und warten auf den Höhepunkt ihres Daseins – das Fest. Drei Tage wie bei uns Weihnachten. Alle haben ihre festlichen Bubu`s an, die Verwandten kommen, alle wollen cadeaux, Geschenke, man ist freigiebig bei den Bettlern die öfter vor der Tür oder plötzlich im Hof stehen und gibt hundert FCFA oder was zum Essen. Die Nachbarn werden besucht. Überhaupt cadeaux – Als Weißer bist du erstmal das cadeaux Opfer an sich. Am schwierigsten ist es wenn es sich um Bekannte handelt, die erwarten vom reichen Weißen was zu bekommen. Auch wird gerne versucht hintenherum dir etwas ab zu luchsen. Auf der Straße mit den Telefonkartenhändlern und ähnlichen Geschäftsleuten ist es einfacher, du lachst sie freundlich an, schüttelst den Kopf, sagst akain was gut heißt, sie lächeln zurück und gut ist`s, und wenn aus dir ein Bambara Wort rauskommt freuen sich alle und du wirst mit dem Bambara Begrüßungszeremoniell überschüttet, das sich, wenn du weißt wies geht, auch über mehrere Minuten hinziehen kann.
Er/sie: ani wula. (schönen Nachmittag) Du: n`bah ani wula. (große(n) (Mutter) schönen Nachmittag) somo go bee di (wie geht es den Leuten im Haus), der eine, toro si te (Probleme gibt’s nicht) und dann kann es ewig weitergehen wie: wie geht’s den Kindern – alle Verwandte durch usw. zum Schluß der Mann: n`bah, die Frau n`ce.

Die Nachbarn
Und wieder ist es mir nicht gelungen ein dunkles Gesicht sichtbar auf die Platte zu bannen, immer stellen sie sich geschickt in den Schatten. Das wird schon noch!
Mamu wohnt gegenüber mit ihrer Familie in einem Rohbau ohne Strom, Nachts mit Taschenlampen oder Handybeleuchtung im Haus unterwegs. Resolut, wie viele Frauen hier, klein, drahtig und ein uriges afrikanisches Gesicht, passend zum Namen. Zwei erwachsene Töchter Anfang zwanzig hat sie. Die Ältere mit Baby, den Namen hab ich noch nicht herausgefunden. Der  Erzeuger kommt nur ab und zu und zahlt nix. Beide hübsch anzusehen, eigentlich, wenn sich die Ältere nicht mit diesem fürchterlichen Kortison enthaltenden Zeug das Gesicht verunstalten würde, um eine helle Haut zu bekommen. Angeblich finden das die Männer hier schön. Krank machts und hässlich fleckig. Kura heißt sie, hab ich gerade herausgefunden und ein

Foto konnte ich auch gleich machen. Abends sitzt sie oft bei uns vorm Haus unter der Neonröhre, Christof hat zwei davon anbringen lassen um die Straße zu erhellen, und lernt. Nur das chateau d´eau, der große cubische Klotz gegenüber auf der anderen Straßenseite ist rundum beleuchtet. Auch hier sitzen abends junge Leute oder gehen auf und ab und nutzen den gelben Schein der Lampen zum Lernen. Die jüngere Tochter von Mamu, Aramata, verkauft abends an der Hausecke gebackene Jamswurzel-
Pommesfrites, gegrillten Fisch, Pate, in Fett gebackene Teigteile.

Daneben sitzt die große Ya Koulibaly mit dem belle belle bobara, dem großen Po, belle belle akafsa fitini, groß ist besser als klein, immer zwei drei Typen um sich geschart und verkauft Apfelsinen, Papayas, Mangos oder Nüsse.

Dann gibt’s bei Mamu im Haus noch nen kleinen Zweijährigen, der mich immer mit großen Augen anschaut. Dann ihr freundlicher, zurückgezogener Mann, und seit neuestem Verwandte vom Hausbesitzer, der glaube ich in Frankreich arbeitet.

Der Hausbau geht hier uns unbekannte Wege. Hast du etwas Geld, kaufst du dir ein Grundstück, das du dir gerade leisten kannst. Ist wieder Geld da, baust du aus Zement, Sand und Eisen das Grundgerüst für das Erdgeschoss, hast du mehr Geld, machst du dir noch die Zementsteine selber, die gekauften zerfallen schon beim Anschauen, und mauerst sie zwischen die Zement – Eisensäulen und noch eine Treppe Richtung zukünftigen ersten Stock. Geht dann noch die Decke beziehungsweise der Boden für das nächste Stockwerk, kannst du dich glücklich schätzen und einziehen. Die Eisen der Säulen schauen oben heraus und wenn wieder Geld da ist wird weiter gebaut. Ist alles fertig wird die Baugenehmigung eingeholt.

So schauts aus, wenn das Erdgeschoss fertig ist

Neulich haben sich Mamu und Belle Belle Bobara heftig bis zur Schlägerei in die Wolle gekriegt wegen der Männer die immer um sie herumschwänzeln und weil der eine oder andere mal an ihr hängen bleibt. Das Geschrei hätte man aufnehmen sollen. Ist Mamu wohl ein zu schlechtes Beispiel für ihre jüngere Tochter die nebenan ihren Verkaufsstand hat.
Es ist wirklich auffällig wie viele junge Frauen mit Kindern auf dem Rücken und Eimern mit Wasser, Körben voller Bananen, Geschirr – gespült an der Wasserstelle, auf dem Kopf, herumlaufen in schöne bunte Röcke gekleidet.
Sieht schön aus, fördert aufrechte Haltung und Wirbelsäulenschäden.
Kennt man etwas die Verhältnisse, stellt sich heraus, daß meist die Erzeuger verschwunden sind und die Mädels alleine dastehen – verheiratet oder nicht. Sind sie verheiratet müssen sie sogar aufpassen wenn sie sich mit nem Anderen einlassen. Wird von der Familie des Erzeugers nicht gerne gesehen.
Um die Ecke herum wohnt die schöne Hawa, die abends vor der Haustür Tee macht und Bananen verkauft. Zwischen ihr und uns, beziehungsweise Madu und ihr besteht ein reger Teeaustausch. Aber Madus Tee ist einfach der Beste. Trinkst du ihn abends, hält er dich bestimmt bis zwei Uhr wach. Auch sie hat zwei Töchter mit Kindern und selber auch keinen Mann, geschieden glaube ich – – –

Und was ist jetzt? Ich sitze im Hof am Tisch, es ist halb eins, Mamu wäscht gegen etwas Geld unsere Wäsche und singt mit dem Radio die Lieder auf Bambara mit, Madu macht Tee, hat die Nachbarin mit Tee versorgt und das Moped vom Straßenstaub befreit, Sanata kocht To zum Mittagessen auf den beiden urigen Holzkohleöfen.

So, das war der Zwischenbericht über meine Umgebung hier bei Christof. Der LKW ist noch nicht verkauft, morgen vielleicht. Zwischen fünf und sechstausend Euro werden mir geboten, den besseren nehme ich. Aber ich bin in Mali Afrika und hier weiß man nie nichts genaues bis das Geld auf dem Tisch ist. Noch ist der 19.12.2008 um 23 Uhr und 17 Minuten und es sieht ganz so aus als würde ich über Weihnachten hier sein. Es kommt halt immer anders als man denkt. Das Visum gilt noch und wenn das Auto weg ist muss ich noch ein bisschen auf Tourist machen. Zu tun gibt’s hier genügend für mich – Berichte schreiben, Mücken jagen, Musik zusammen schneiden, der Großbäckerei zeigen wie man Sauerteig macht, mit Christof Theaterstück schreiben, eine Treppe hab  ich schon gebaut und ein italienisches Mäuerchen als Stütze für die Küchen Arbeitsplatte.
Ich wünsche Euch allen schöne Feiertage und ein gutes neues Jahr.
Bis zum nächsten Jahr. Alles Liebe Ebby
Zum Abschluss noch eine Seite mit Fotos.

Naturheilkunde afrikanisch.

Naturheilkunde afrikanisch.

Wenn die Jahreszeiten wechseln erwischt es einen auch in Afrika: Fieber, Halsweh, Husten.

Die Symptome sind überall gleich – die Behandlung verschieden.

In Deutschland nehme ich Meditonsin gegen das Fieber, schlucke ASS 500 gegen die Halsschmerzen und Aspekton gegen den Husten.

Nun hatte ich das hier nicht zur Hand – was tun?

»Kein Problem«, sagt Hawa, eine Freundin aus dem Dogonland, »Du füllst ein Glas Wasser halb voll, steckst umgekehrt einen Holz- Kochlöffel hinein, ziehst ihn langsam heraus und hältst ihn über Deinen geöffneten Mund, bis ein Tropfen in diesen fällt; das machst Du dreimal hintereinander, und diesen Akt morgens mittags und abends – und deine Halsschmerzen sind weg«.

Wie gesagt: ein Glas Wasser – nicht einmal irgendwelche Streukügelchen.

»Wers glaubt wird selig – wers nicht glaubt kommt auch in den Himmel«, sagten wir früher, aber auch Madou bestätigt: »haben wir als Kinder immer bei Halsschmerzen bekommen – die Mädchen beziehungsweise Frauen vier Tropfen – was soll man denn machen, wenn man sonst nichts hat?«

Eine gute Frage!

Wieso also nicht ausprobieren, bevor man gar nichts macht. Im Krankenhaus verschreiben sie nur Antibiotika, völlig überdimensoniert und unverschämt teuer.

Ich mache es also in Anwesenheit von Hawa – und die Halsschmerzen gehen im selben Moment weg, verschwinden nach einer halben Stunde ganz, ich denk, ich spinne.

Nachts kommen die Halsschmerzen wieder – also doch alles nur Schalmei.

Morgens will ichs aber wissen: Und wieder gehen die Halsschmerzen unmittelbar weg.

Mittags ist das Fieber von 37,8 auch 36,8 gesunken.

Ich glaubs zwar nicht, weil das ja alles auch daran liegen kann, dass die Krankheit nicht so stark ist, mache aber weiter.

Die Halsschmerzen, also das, was an diesen blöden Erkältungen mein Lebtag lang drei Tage lang immer am meisten nervte, die Schluckbeschwerden, vor allem  beim Essen – sind weg und bleiben weg.

Wie gesagt: Wasser – es kann also nur Selbstsuggestion sein, aber die wirkt bekanntermassen am besten.

Oder es ist die zurückgebeugte Kopfhaltung, was weiss ich, es ist mir auch egal, Hauptsache die Halsschmerzen und das Fieber sind weg.

Aber der Husten bleibt – das gilt nur gegen Halsschmerzen und Fieber.

Madous Bruder kommt zu Besuch und bringt vom Onkel, dem Fetischeur des Dorfes, einem vorislamischen Urtypen, gesammelte Kräuter und Hölzer mit, plus ein auf dem dortigen Markt gekauftes Säckchen mit Pulver

Vorne die Hölzer zum Kauen, links dahinter die Pulvermedizin, dreimal am Tag einen Teelöffel, schmeckt bittersauer. Dahinter die Blätter, die mit weiteren Hölzern gekocht werden müssen. Mitte links hinten in der Dose, vier verschiedene Blätter, die erst noch getrocknet und mit Salz im Mörser zu Pulver verarbeitet werden müssen. Schmeckt wie Öko-Kräutersalz vom feinsten.

Zum Kochen der Medizin musste auch noch ein  eigener, spezieller Kochtopf gekauft werden:

Jeweils ein solches Bündel (rechts) wird mit den Hölzern und einer Zitrone auf Holzkohle erhitzt, bis es kocht – dreimal, immer abends.

Ich baute alles auf –

Aber Madou war nicht einverstanden:

Der Topf musste in der Mitte vor der Tür zu meinem Zimmer stehen – wenns so sein muss, warum nicht. Und wenns der Gesundheitsfindung dient – gerne.

Die schwangere Hündin legt sich auch gerne in die Mitte, irgendwas muss also dran sein:

Und so siehts aus, wenns kocht:

Das Ergebnis schmeckt echt lecker!

Der üble Reizhusten und der ständige Auswurf liessen sofort nach, der Husten insgesamt im Lauf von zwei bis drei Wochen.

Als ich damit durch war fehlte mir der leckere Guten Abendtee – angesichts der vielen Arbeit, die mir mit seiner Zubereitung erspart blieb, war das allerdings zu verschmerzen.

Abdul Karim Jattara

Abdul Karim Jattara

ist Musiker. Er spielt die Ngoni, ein dreisaitiges Instrument, dem er, über einen Moscheeenlautsprecher verstärkt (entspricht etwa den »Flüstertüten« auf den Demos früher), Töne entlockt, die an Jimi Hendrix in seinen wildesten Ekstasen erinnern, wobei er selbst dabei freilich völlig unbewegt bleibt:

Er stammt aus Timbuktu, lebt aber seit langem mit seiner Familie in Bamako. Mit seiner hochartifiziellen, aber doch sehr extravaganten – oder eben auf das Tuareg-Publikum beschränkten – Musik verdient er zwar ab und zu bei Hochzeiten oder Festivals etwas Geld, aber nicht genug, um davon zu leben; es gibt nicht einmal in Mali Kassetten oder CD’s von dieser Art Musik.

Deshalb verdient er den Grossteil seines Lebensunterhaltes mit Lederarbeiten im Tuareg-Stil:

Schmuckkästchen wie rechts im Bild zu sehen oder gar ganze Tische.

Aber auch (Akten-)Taschen, Dokumentenmappen, Geldbeutel, Schlüsselanhänger oder Gürtel – alles mit den traditionellen Zeichen der Tuareg verziert.

Bis auf den Schlüsselanhänger sind diese Dinge bereits Auftragsarbeiten nach meinen Vorgaben.

Immer wieder schleppt er Sachen an, denen man nicht widerstehen kann:

Links mein fahrbares Stehpult – nichts, was sich irgendwie mit Kamel-oder Schafsleder überziehen lässt, ist sicher vor ihm.

Und da Abdul Karim Jattara nicht nur ein ausgezeichneter Musiker ist, sondern auch ein genauso guter Arbeitsbeschaffer, krittelte er solange an meinem selbstgebauten fahrbaren Tischchen herum – bei gleichzeitiger Erwähnung, dass er acht Kinder zu ernähren habe und mit der Musik nichts zu holen sei, aber völliger Taubheit gegenüber der Frage, wieso er denn soviele Kinder in die Welt gesetzt habe – bis ich mich breitschlagen liess, diesen Tisch mit Leder überziehen und verzieren zu lassen.

Da er dieses dann bei mir Zuhause machte, konnte ich den Arbeitsprozess verfolgen und mit seiner wolhwollenden Zustimmung dokumentieren.

Bevor das Leder auf das Holz aufgeklebt wird, muss es befeuchtet und aufgeraut werden:

Dann wird es auf das Holz aufgeklebt, das teilweise mit Karton unterlegt ist,

um die Prägungen tiefer einkerben zu können und Muster vorzugeben, und eingeölt.

Danach beginnt die Prägung:

Und das sind die Werkzeuge, die Prägestempel:

Am Schluss wird alles noch poliert

Manchmal kommt sein Sohn mit, der bei der Musik auf der Kalebasse trommelt, aber auch das Ledern lernt:

Zum Schluss noch ein Detail des fertigen Tischs mit Glasplatte:

Für einen Hunderter (Euro) Freundschaftspreis.

Etwa eine Woche lang immer wieder vom anderen Ende Bamakos angereist.

Saubere Arbeit!

der wahre Ökotrip

der wahre Ökotrip

Warum umständlich, wenns auch einfach geht!

Wieso komplizierte Mülltrennung, arbeitsintensive Kompostiererei und am Ende verkniffen – verbitterte hardcoredogma Parteien – wieso nicht einfach so:

Man schneide seine Kartoffeln, Karotten, Salat oder Nyams wie gewohnt.

Daraufhin begebe man sich mit den Schalen in der Hand zum Küchenfenster und lehne sich hinaus:

Daraufhin entledige man sich der Schalen:

Und freue sich!

Denn es dauert keine halbe Stunde, dann freuen sich andere:

»Was ist das denn leckeres?«, fragen sich die passenden Passanten:

Und so verschwindet es, auch wenn es Karotten sind:

Oder Kartoffelschalen:

Hauptsache: es schmeckt!!

Und hinterher ist alles »sauber wie geleckt«

Ein Fussboden von dem man essen kann!

Gefrorenes Wasser: »Glassi«

Gefrorenes Wasser: »Glassi«

Die meisten Leute in unserem Viertel haben keinen Kühlschrank. Wenn es heiss wird, sind auch für die hartgesottensten Afrikaner 40 bis 45 Grad kein Vergnügen mehr, und man lechzt nach Erfrischung wie jeder Europäer auch. Hat man keinen Kühlschrank, ist das an der Wasserstelle aus dem Wasserhahn kommende oder vom Wassermann »Dschi-Tigi“« gelieferte Wasser im besten Falle lauwarm, meist sogar warm; lässt man einen Eimer aus Versehen in der Sonne stehen, wird das Wasser so heiss, dass man sich die Finger daran verbrennt.

Das einzige, was da noch hilft, sind Eiswürfel oder irgendwelche Eisbrocken, mit Hilfe derer man die Brühe kühl oder gar kalt bekommt.

Da man mit Eiswürfeln den Bedarf niemals decken könnte, hat man hier eine »Eiswürfeleinheit« in Form von ½ oder 1 Liter Plastik-Säckchen entwickelt, die 25 oder 50 Fcfa kosten, 4 bzw. 8 Cent. Der Name: »Glassi«.

Wer das Privileg hat, einen Kühlschrank mit Eisfach zu besitzen (oder, um dem Ansturm einigermassen gerecht zu werden, sich sogar eine Tiefkühltruhe leisten kann), der ist geradezu verpflichtet, folgende Arbeit Tag für Tag zu absolvieren, auch wenn sich damit wahrlich nicht das grosse Geld machen lässt:

  1. Akt:

Einfüllen des Wassers in die Plastiksäckchen – hier
½ Liter Version.

  1. Akt:

Hundertprozentiges Verschliessen der oberen Öffnung durch zweimaliges um 360 Grad kreisen lassen und die entstandene Schlaufe fest zuziehen und neben den Kühlschrank stand by Stellen.

folgt der

  1. Akt:


In den normalen Kühlschrank zum Vorkühlen packen – direkt im Eisfach würde selbigtes eine Krise kriegen, derart kompakt mit 40 Grad Material konfrontiert.

Folgt der:

  1. Akt:

Ab ins Tiefkühlfach!

Wenn dort ordentlich durchgekühlt folgt der

  1. Akt:

und die Kostbarkeiten landen knochenhart in derTiefkühltruhe zumVerkaufen!

Dieses kann je nach Wetterlage morgens um 7 beginnen und bis 23 Uhr gehen!

Und zwar folgendermassen:

Es klopft an den Laden des Küchenfenster, eine Stimme (oft die eines Kindes) ruft:

»Auni sogoma« (Guten Morgen) oder »Auni tile/wula/shu« (Mittag/Nachmittag/Abend)

Egal ob im Zimmer, auf dem Dach oder bei  Essen, antwortet man:

»n`ba« (die Frauen: »n‘se«) »i ni sogoma« (etc).

Wer glaubt, jetzt werde nach dem „Glassi“ gefragt, hat sich getäuscht! Erst kommt noch die Frage nach dem Wohlergehen, womöglich auch dem der Kinder und der Familie insgesamt!

Sitzt man gar draussen vor der Tür mit Buch, Tee oder nur so zum Quatschen, kann sich sogar noch eine kleine Unterhaltung oder das Fussballspiel von gestern abend anschliessen, bevor irgendwann die Frage kommt:

»Hör mal, habt Ihr Glassi?!“

Wenn ja, wird geklärt wieviel Säckchen und es folgt der

  1. Akt:

Madu mit der heiss begehrten kühlen Köstlichkeit! Dem einzigen, was in der unerträglichen Hitze noch Linderung verspricht und eilig, oft in mitgebrachten Kühlboxen nach Hause getragen wird. Bleibt also nur noch der

  1. und letzte Akt:

Das Objekt der Begierde durchs Küchenfenster gereicht! Nun ist die Welt wieder in Ordnung!

Zum Abschluss ein kleiner Preisvergleich:

In der Mitte oben das 25 Fcfa Stück. Links das »Glassi«, das man dafür haben kann, rechts davon ein Säckchen ungemahlener Pfeffer, eine Tomate und eine Mangoro, wie man hier zu Mangos sagt, zum gleichen Preis.